Audioberatung
Neue
Hörsysteme an den Ohren
Möglichkeiten
des Hörtrainings daheim
Neue Hörsysteme sind anfangs meist gewöhnungsbedürftig. Durch die
permanenten technischen Fortschritte und / oder bei einem Wechsel auf die
Produkte eines anderen Hörsystemherstellers müssen sich sogar die
Langzeitträger an die neue Handhabung der Geräte und vor allem an Klangeindrücke
gewöhnen.
Menschen, die zum ersten Mal mit Hörgeräten oder Cochlea –
Implantaten (CI) versorgt werden, sind müssen eine weitere anstrengende
Herausforderung meistern. Das Hörzentrum im Gehirn muss sich an die
„entwöhnten“ Töne wieder gewöhnen oder neu erlernen. Frischoperierte CI-Träger müssen oft komplett
neu „Hören lernen“. Synapsen im Hörzentrum werden zum größten Teil neu
„gebildet“ oder „umgestaltet“, da das CI bioelektrische anstatt mechanischer
Signale sendet, die erst einmal zu fremden und unnatürlichen Klangeindrücken
führen. Es erfordert zunächst jede Menge
Konzentration und Energie, was zu einer schnellen Ermüdung des Betroffenen
führen kann. Doch das Organ Gehirn besitzt die ausgezeichnete Fähigkeit sich an
neue Dinge anzupassen.
Um sich den Einstieg zu erleichtern, ist es empfehlenswert, einen Logopäden,
spezialisiert auf Hörtraining, aufzusuchen. Dort wird ein- bis zweimal die
Woche bewusst das Hören und Verstehen der Sprache sowie der Umgang mit den
neuen Hörhilfen in einigermaßen optimale Umgebung gelernt. Auch können Logopäden
bei der Erlernung von Hör- und Kommunikationstaktiken helfen, die das
Sprachverstehen im Alltag erleichtern. Die anstrengenden Stunden beim Logopäden
reichen allerdings nicht aus, um relativ schnell mit den Hörsystemen im Alltag zurecht
zu kommen.
Anmerkung: Auch Hörgeräteträger haben ein Anrecht auf Hörtraining beim Logopäden!
In seinem heimischen Umfeld kann man
selbständig Hörtraining durchführen und dank der Endgeräte gibt eine Reihe von professionellen
Hörtrainings Apps, Hörbüchern, Internetlektüren. Mittlerweile bieten einige
Hörakustiker im Rahmen einer neuen Geräte-versorgung auch Hörtrainingsprogramme
an.
Eine Liste dafür findet man in Wiki Hören&Technik, die seit einem Jahr von ehrenamtlicher technikaffiner Betroffenen erstellt wurde.
Mit Hilfe von verschiedenen Stimmen von anderen
Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten können weitere Hörübungen abwechslungsreich
gestaltet werden. Interessante Artikel aus der Zeitung oder aus einem Buch satzweise
vorlesen lassen, welche der Betroffene wortwörtlich nachspricht.
Eine fantastische Übung ist, wenn man Grundschulkindern beim Lesen
üben hilft. Die leichten und kurzen Texte eignen sich gut zum wortgetreuen
Wiederholen. Die kleineren Kinder können
aus den Bilderbüchern „vorlesen“ oder man spielt „ich sehe was, was du nicht
siehst…“ Auch anderen etwas vorzulesen,
trägt mit seiner eigenen Stimme zur Verbesserung des Hörverstehens bei.
Es gibt viele interessante Spiele, bei denen Kommunikation ein
wichtiger Faktor ist, die gleichzeitig die Aufmerksamkeitsspanne, die Konzentrations-
und die Merkfähigkeit verbessern können. Allerdings sollte man
anfänglich zu zweit spielen und mit der Zeit die Anzahl der Mitspieler erhöhen.
Hierbei kann man gut Gesprächsdisziplin lernen, was allen Mitspielern guttun
würde. Derartige gemeinsame Aktionen fördern neben dem Spaßfaktor zu einer besseren
Bindung zu den unterstützenden Personen, sowie das bessere Verständnis für die
Hörbehinderung bei den guthörenden Parteien.
Im Alltag werden auch viele neue Geräusche auftauchen, die man
anfänglich nicht definieren und auch zur Verunsicherung führen kann. Auch hier
können Familienmitglieder helfen, die unerklärliche Geräusche zu definieren.
Ratsam ist, diese Geräusche immer wieder zu hören, bis das Gehirn es verstanden
hat. Brummen der Kühlgeräte, Ticken der Uhr. Öfters den Kühlschrank
offenlassen, bis dieser das Tonsignal abgibt…
Musikhören und Telefonieren gehören für den Großteil der Menschen
zum Alltag. Allerdings ist das eine Königsdisziplin im Hörtraining. Viele
Hörgeschädigte haben oft große Schwierigkeiten, Musik zu genießen oder einfach
mal telefonieren zu können. Für viele hört sich Musik erstmal „scheußlich“ an.
Wie das Sprachverstehen müssen Musikhören sowie Telefongespräche führen wieder
erlernt werden. Mit den Hörsystemen, vor allem mit den CIs, hoffen viele
Betroffene deswegen auf eine Verbesserung.
Allerdings ohne Training ist es nicht möglich!
Wie, wo und wie lange jemand Hörtraining daheim macht, ist jedem
selbst überlassen. Wichtig ist, dass jeder Betroffene rechtzeitig erkennt, wann
der Hörstress auftritt, und Hörpausen einlegt.
Beispiele für Hörtraining daheim
Für Anfänger:
·
Hörtraining App verschiedener Hörsystemhersteller
bieten sich gut zum Einstieg an.
·
Nachrichtensendungen in TV ist eine
gute Trainingseinheit, solange man den Sprecher mit seinem Mundbild und seiner
Mimik erkennen kann, Teil der Hörtaktik.
·
Bei Einspielungen der Videos ist es
sinnvoll, die Untertitel zu aktivieren, wenn man nicht alles versteht.
· Sollte das Verstehen der Nachrichten ohne Mundbild doch noch zu schwierig sein, kann man im Internet auf der
Webseite „Deutsche Welle - langsam gesprochen“) abspielen lassen. Es gibt noch weitere Nachrichten-Webseiten, auf der man die Möglichkeit hat, das Sprachtempo zu variieren.·
Musik: Tonhöhen und Tonlängen erkennen
·
Spiele: z.B. Hörmemory, Tabu Junior
Für Geübte:
·
Ist ein Hörverstehen ohne Mundbild
möglich: mit Nachrichten im Radio,
Podcast, Hörbücher trainieren, am besten in einem Raum mit gutem Klang und wenig
Nachhall: Tipp den besten Raumklang hat das Auto.
·
Hörtraining in mäßig geräuschvoller Umgebung,
z. B. In Bibliotheken, in Cafés oder Restaurants mit guter Raumakustik und
Einsetzen von Zusatztechnik
·
Musik hören: Songs, Musikstücke, die man früher gehört
hat. Einige üben bewusst mit „Oldies“, andere
lernen lieber mit neuen Stücken, weil die „Oldies sich so schrecklich“ anhören
·
Telefonieren mit unterstützender Zusatztechnik
und bekannten Menschenstimmen
·
TV: ebenso mit Zusatztechnik als
Unterstützung
·
Spiele, in denen man kommunizieren
muss
Für Fortgeschrittene/Profis:
·
Hörtraining in geräuschvoller Umgebung
mit schlechter Raumakustik, davon gibt es jede Menge.
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TV: Texte verstehen mit Soundsystemen
(Soundbar, Lautsprecher, Dolby Surround) und sich dabei bewegen. Soundsysteme
haben einen tollen Klang.
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Spiele mit mehreren Mitspielern
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Kulturelle Veranstaltungen, Konzerte,
Theater besuchen
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Telefonieren: mal ohne Zusatztechnik
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Musikinstrumente spielen, mit
einfachen Musikstücken beginnen.
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Singen: Karaoke daheim praktizieren,
Gesangsunterricht nehmen, mit einen Klavier oder Keyboard den Ton anspielen und
versuchen den Ton nachzusingen, bis beide Töne harmonisch klingen
Bemerkung: In München gibt es seit
Jahren einen Chor für Andershörende. jeden vierten Montag von 18 - 20 Uhr. Ich bin immer dabei.
Laut Experten ist Musik hören und/oder
spielen sowie Singen auf Grund ihrer vielfältigen Tonfrequenzen sehr förderlich
für das Sprachverstehen.
Auf der Wiki Seite Hören&Technik unter der Rubrik Hörtraining
werden verschiedene Medien, Apps, Programme, Podcast, Hörbücher etc.
aufgelistet, für jeden ist was dabei. Link oder QR-Code kommt noch im Herbst
Die Advents- und Winterzeit ist die beste Zeit für Hörtrainingsstunden.
Auch wenn die Adventszeit nicht stressfrei ist,
kann es die beste und besinnlichste Zeit sein, seinem neuen Gehör mehr
Beachtung zu schenken. Bei Kerzenlicht
am Adventskranz oder geschmücktem Tannenbaum, auf dem Sofa kuschelnd und mit
einem Adventsgetränk versorgt, kann man:
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täglich kurze Adventskalender-,
Advents- oder Weihnachtsgeschichten sowie -büchern anhören,
- ·
Musik hören oder spielen
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Gemeinsam singen
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Spiele spielen
Spiele zur Förderung von Hören, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit
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Tabu für Kinder (Anfänger)
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Tabu für Junior (Geübte)
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Tabu für Erwachsene
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Kartenspiel: das Dings...
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Merkspiele: "Ich packe den Koffer und
nehme mit…
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Spiel Teekesselchen
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Wortblitz
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Wissensspiele
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Quizspiele
Wie wir gesehen haben, ist Hörtraining auch daheim in vielfältiger
Weise möglich. Es lohnt sich! Übung macht den Meister.
Andrea
Muschalek